Disc 1 | ||||||
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1. |
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Ich habe meinen linken Arm in Packpapier gepackt
Und hab' ihn nach Paris geschickt Am 3. Mai zur Nacht hab' ich ihn abgehackt Denn ich bin so verliebt Es klebt noch nasses Blut dran, doch das stort mich nicht Das trocknet schnell und riecht auch ganz superb Nonette freut sich sicher, denn ich glaube nicht Dass oft ein linker Arm versendet wird Zuerst wollt' ich ihr meinen Fuß kredenzen Doch heute weiß ich, das passt nicht so gut Sie will mit dem Geschenk bestimmt die Wand bekranzen Am besten hangt da doch ein Arm mit Blut Nonette liebt mich, weil ich so besonders bin Weil ihr nur das Besondere gefallt Und wenn es stimmen wurde, was der Arzt sagt, dass ich spinn' Dann schenkte ich ihr noch die ganze Welt Den andern Madchen gab ich Fingerkuppen Und unter Glas ein Stuckchen meiner Haut Doch einmal hat mir eine dieser Puppen Perversitaten wirklich zugetraut Drum hab' ich lange Zeit der Liebe ganz entsagt Und habe meinen Leib fur mich behalten Das sag' ich ehrlich, dass ich das nicht mag Wenn mich die Leute fur versponnen halten Da kam Nonette. Vom ersten Augenblick Als ich den scharfgeschnitt'nen Eckzahn sah War ich in dieses Madchen irr verliebt Und wusste, dass sie was Besond'res war Sie hat mich gleich verstanden, und ich weiß Dass sie mich wirklich so liebt, wie ich bin Und weil sie's will, geb' ich ihr mit Verschleiß Das ganze Sosein meines Korpers hin Ich habe meinen linken Arm in Packpapier gepackt Und hab' ihn nach Paris geschickt Am 3. Mai zur Nacht hab' ich ihn abgehackt Denn ich bin so verliebt Sie liebt mich, und das weiß ich ganz genau Dass sie mir meine große Liebe glaubt Und weil sie mich versteht, schenk' ich der Frau Zu Ostern, wie Jochanaan, mein Haupt |
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2. |
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Sie trieben's unter dem Lindenbaum
Und liebten und zartelten sehr Er traumte den uralten Baumetraum Sie traumte vom feuchten Meer Hoch wogte das Gras, es wendete Der Mond diskret sein Gesicht Die Eule augte und wunderte sich Denn das verstand sie nicht Die Luft war sehr weich und der Abendwind Erfrischte Leib und Sinn Die Erde erbebte sanft und empfand Sußesten Lustgewinn Sie trieben's unter dem Lindenbaum Bis tief in die schwarze Nacht Und sind selbst beim ersten Morgengraun Vom Lindenrausch nicht erwacht Es jaulten die Hunde, das Horn blies zur Jagd Eine treibende Melodie Die hat es den beiden wohl angetan Denn beide bliesen sie die Die Schusse peitschten, ein spitzer Schrei Und er kam mit Stohnen zu Fall Doch der Duft der Linde und das feuchte Gras Machten ihn bald wieder prall Die Jager ritten an ihnen vorbei Doch sah'n sie die Liebenden nicht Sie sahen nur Einen, der deckte mit sich Den Andern und storte die Sicht Von Ferne her kam noch Hundegebell Doch das endete bald im Wind Und die Sonne stand hoch und sie liebten sich Noch einmal, ganz geschwind Sie trieben's unter dem Lindenbaum Wer will, kann sie immer noch sehn Doch soll er sich eilen, weil mittlerweil' Die Leute dort Schlange stehn |
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3. |
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War' ich ein Spielmann, ich spielte fur dich
Zartelnd und schlupfrig und urinniglich Wurd' mit dir tanzen und wurde mich dreh'n Und dich mit Spieleraugen anseh'n Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldideldideldei Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldei Warst du ein Schiff, ich schiffte mich ein Konnte in dir geborgen sein Wurd' mit dir fahren, wohl uber den See Weich und sehr feucht, und es tate nicht weh Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldideldideldei Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldei Warst du 'ne Orgel, ich orgelte dich Alle Register zoge ich Stieg auf die Pedale mit beiden Beinen Und so konnten wir uns vereinen Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldideldideldei Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldei Warst du 'ne Geige, ich geigte auf dir Kernige Tone entlockte ich dir Es kame nur auf den Bogenstrich an Und dass man Lagen wechseln kann Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldideldideldei Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldei Warst du ein Horn, ich bliese dich Zum munt'ren Jagen triebe es mich Wir ritten vereint im Walde umher Im Anschlag stunde mein Gewehr Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldideldideldei Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldei Warst du ein Schlagzeug, ich wirbelte dich Mit meinem Schlegel ganz inniglich Wirbelte auf deinem Becken, dem Fell Und du tontest mal dumpf und mal hell Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldideldideldei Dideldideldideldeideidei Dideldideldideldei |
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4. |
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Neulich starb in unserer Straße ein sehr junges, hubsches Madchen
Und ich hab' sie kaum gekannt, sie war neu in unserm Stadtchen Sie war Waise aber hatte einen schonen großen Mund Um die Huften war sie dicklich, und der Busen war sehr rund Als sie lebte, hab' ich sie kaum gesehen und ich war Nicht verliebt, mir gefiel nur ihr tiefschwarzes glattes Haar Und nach altem Brauche wurde sie im Leichenschauhaus ausgestellt Niemand klagte, und sie schlief sehr allein in dieser Welt Und ich muss es euch gestehen, ich stand oft vor ihrem Sarg Habe sie mir angesehen, und sie lachelte sehr karg Nun bin ich beileibe weder nekrophil noch sonst verdreht Nur ich weiß, dass eine Tote leben kann, wenn man's versteht Richtig und mit schonen Worten, einmal nur mit ihr zu reden Und ich tat's und sie begann in mir wieder aufzuleben Und ich trug sie eines Abends, wie sie war, zu mir nach Hause Wusch sie, kammte ihr das Haar, denn das war vom Totsein krause Ihr versteht, ich wollte helfen, sie war kalt und war allein Und ich habe sie gewarmt und es musste einfach sein Dass ich nach sehr langen Nachten des Gesprachs mit ihr Und mir mich verliebte, und sie wurde nachts im Bett mein weiches Tier Ihr habt sie mir fortgenommen und ich weiß, sie wollte bleiben Jetzt in ihrem dunklen Grab muss sie einsam sein und schweigen Ihr habt sie mir fortgenommen, ich versteh', ihr wart uns neidig Wisst ihr noch, ihr Haar, das glanzte erst bei mir so blau und seidig! Erst bei mir ist sie geworden, was sie immer werden wollte Und ich kann es nicht begreifen, weshalb ich verruckt sein sollte Und ich kann es nicht begreifen ? hortet ihr ihr Herz nicht pochen? ? Weshalb, weshalb einer von euch sagt, es hatt' nach faulem Fleisch gerochen |
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5. |
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Wieder dort sein
Wieder dort sein In der feisten Sonne an der Kuste liegen Neben fetten Weibern, Fischgestank Wieder dort sein Wo die Leiber ineinanderfliegen Dort, im prallen Kustensalzgerank Wieder dort sein Wieder dort sein Wo das Echo in der Luft erstickt Weil sie voll ist wie ein aufgetankter Schwamm Wieder dort sein Wo den runden Korpern eingestickt Ein verwirrender und flirrender Gesang Wieder dort sein Wieder dort sein Wo die alten Marchenheinis Die Potzblitze sind und du Wieder dort sein Wo du mal mein Tier warst Wo du weiß warst und du wolltest immerzu Wieder dort sein Wieder dort sein Bei den Weinkaschemmen Bei den Trommlern, die so salzig lachen Wieder dort sein Bei den Purzlern, die so kollern konnen Und an jedem Tag Geschichte machen Wieder dort sein Wieder dort sein Dort dann an der Kuste liegen Um sich fette Weiber, Fischgestank Wieder dort sein Und das flirre Dosen lieben Sich bespulen mit der ausgestreckten Hand Wieder dort sein |
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6. |
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Sie war ein stillgelegtes Fragezeichen
Und hatte Augen, die, wenn man's verstand Dem viel versprachen, der sich viel erhoffte Nur war es selten, dass sich jemand zu ihr fand Sie war nicht schon und hatte eine schlaffe Sehr unberuhrte weiße, kleine Brust Und Pickel im Gesicht und krumme Beine Und man versteht: Es hatte niemand rechte Lust Nur sie, nach zwanzig kargen Jahren War vollgefullt mit Wunschen aller Art Mit Lusten, die dem bald sehr deutlich werden Der sich des Abends mit sich selbst nur paart Sie war Studentin und verstand es wohl Emanzipiert zu sein, wenn sie mit andern sprach Und sprach von Marx und Kant, nur nie von Blumenkohl Weil es ihr da an Sachverstand gebrach Und doch, wie traumte sie in ihren Nachten Von Haus und Herd und einem feisten Mann Mit Mannesfleisch und Mannesruch und Mannesgliedern Und auch von nassem Heu und dann und wann Von einem Fleisch, das feucht und ohne Worte Sich auf sie legt und wiegt und treibt In ihren Armen auf und nieder stoßt Und dann sehr weich ist, traumt und schweigt Sie war ein stillgelegtes Fragezeichen Und loste sich in einer Nacht von sich Als sie das Messer nahm und in den Park sich legte Und nackt und ungebardig durch die Gegend strich Und dann, als einer kam, der von der Nacht Etwas umnachtet und auch rascher ging Ein Mann, den Schritt fest in der Hand, die Hande eingetascht Sprang sie empor und sturzte sich zu ihm Und eh' er ahnte, eh' er staunen konnte Riss sie die Hose ihm bis zu den Knien Und er war unbeweglich, und sie konnte Mit einem Messerschnitt ihm das Geschlecht entzieh'n Es gibt ein stillgelegtes Fragezeichen Das nicht viel spricht und das man selten sieht Und keiner ahnt, was sie aus ihren Einsamkeiten An lustgewinnlerischen Freuden zieht Ein wildes Spiel, sie treibt es auf und nieder Und ist bedacht drauf, dass es niemand sieht Und ist verzuckt und treibt es immer wieder Und Mittler ist ein abgeschnitt'nes Glied |
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7. |
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Sommer war's
Der Steg erstickte fast An Sommerlust und Lieb' und Leid Und Sommerkorperlast Boote, angefullt Mit Segel, Mensch und Leib, Und Hitzeblaschen auf dem Mund Und Schifferseligkeit Sommer war's Das Wasser wellte steil Die Wunsche waren eingefleischt Und standen steif und geil Sommer war's Drei Meter hoch nur stand Die Hitze wie ein Heiligtum Dem Lustgewinn zum Pfand Und die Steine waren weiß Und die Erde war ein Tier Und wir wuhlten feucht im Sand Auch woanders wuhlten wir Ach, wir hielten's mit den Hunden Denn die kamen jede Nacht Und verbellten unsre Wunden Die der Tag uns beigebracht Sommer war's Wir schwammen in der Lust Antonio, der Kellner Hatte Haare auf der Brust Antonio, der Kellner Am Tage war er Mann Am Abend war er Madchen Mit Kleid und gold'nem Kamm Sommer war's Es hat in jener Nacht Ein dicker alter Mann Die Dunen gut bewacht Mit Fernglas hinterm Baum Sehr schwarz und gut getarnt Und hat die kleinen Madchen Vor Antonio gewarnt Sommer war's Wir lagen hinterm Haus Und zogen uns mit Anmut Die Hosen aus Das lag so in der Luft Das kam vom Steg zu uns Da lagen wir dann da Und sahen uns Ich glaube, eine Wolke Von Geilheit stieg ins Meer Und machte Strand und Steg Und Straßen menschenleer Das liegt wohl an der Hitze Die hat man nicht daheim Das kann wohl nur die Hitze Vielleicht der Sommer sein |
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8. |
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9. |
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10. |
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Wenn die Irren manchmal nachmittags im Park spazierengeh'n
Kann man sie in Zweierreihen handchenhaltend hupfen seh'n Spielen Maulwurf, spielen Heuschreck, spielen Haschmich, Haschemann Und sie tupfen sich mit durren, weißen Irrenfingern an Wenn die Irren in der Sonne liegen Fuhl'n sie ihre Korper durch die Luft fliegen Wenn die Irren manchmal nachmittags im Park spazierengeh'n Kann man ihre langen Beine durch die Graser stapfen seh'n Dann befuhlen sie sich, heben ab und zu einmal ein Bein Kauen Gras und feuchte Erde, lallen einen Abzahlreim Zweimal zwei ist drei Dreimal drei schon einerlei Und dann machen sie ein Echo, singen von der Loreley Und es zieht an ihren Handen eine ganze Welt vorbei Und sie fangen ihren Schatten, hangen ihm ein Kettchen um Beißen auf sehr weichen platten, bunten Kieselsteinen rum Zweimal zwei ist drei Dreimal drei schon einerlei Und dann spiel'n sie Wilder Reiter, manche liegen auch nur da Denen spinnt sich eine kleine, schwarze Kreuzspinne ins Haar Manche scharren, manche hohnen, pflastern sich ein Ratsel stumm Manche steh'n wie eine fruhchristliche Saule schon herum Wenn die Irren in der Sonne steh'n Kann man ihre wunderschonen weißen Korper seh'n Wenn die Irren dann am Abend dammern und nach Hause geh'n Kann man neben jedem Irren einen andern Irren seh'n An der Seite stehen Manner, groß und fett, die kauen stumm Auf der Zunge und an einem Zigarettenstummel rum Wenn die Irren aus der Sonne geh'n Kann man endlich wieder seinen eignen Schatten seh'n Und der Park ist so wie fruher, nachtlich schwarz und unverwirrt Nur ein Irrer blieb zuruck, hat sich im Geholz verirrt Manchmal hort man ihn von weitem, wenn man dort spazierengeht Seine Schreie, hort sein Klagen, das dann dumpf wird und verweht Zweimal zwei ist drei Dreimal drei schon einerlei |
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11. |
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Als ich dich aus dem Fluss zog
Warst du noch etwas blass und aufgeschwemmt vom Wasser Um deine Hand bog Farn sich Gealge und ein vergilbtes Hemd Trotzdem scheinst du vor Tagen noch schon gewesen zu sein Mit Leben bis zur Ferse erfullt Mit welchen Fragen haben sie dich Oder hast du dich dem Wasser gegeben? Was zerbrach, oder was war einfach zu schon Um weiter erlebt zu werden? Und sicher war es kein Verseh'n Dass mich auf deiner Stirn Die Wassertropfen schnitten wie Scherben Es ware fur Gaste vielleicht kein Anblick gewesen Du in meinem Zimmer, bleich, aufgebahrt und am Verwesen Du bliebst bei mir, um die fahlen Augen ein Kranz Warst du mein stilles, unheimliches Tier Und wir tanzten den Totentanz Und dein Leib zerbrach schon Als wurden Wellen an ihm nagen Einmal schwammen, voller Hohn Grune Fische aus deinem Magen Noch mehrere Wochen lebten wir In dem trotzigen, wassrigen Raum Dann ertrank ich in dir Und wie ein feister, tanzender Faun Sucht mein Fleisch den Gestank Deiner Faulnis zu fangen Weil es jetzt weiß: Du bist fur mich nur ins Wasser gegangen |
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12. |
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Wenn die Madchen kurzberockt sind und zum Blumenpflucken geh'n
Kann man ihre weißen Schenkelchen beim Niederbucken seh'n Muss man hinter Baumen, hinter dickem Buschwerk steh'n ? Ach, ich weiß da Platze! Sehr verborgen, sehr bequem Manchmal spiel'n sie Doktor und befuhlen sich genau Kommen Knaben, wollen wissen, wie das ist mit einer Frau Und das Rockchen gleitet hoher (und der Himmel ist sehr blau) Und der Lauscher hinterm Baum spurt den Baum, sehr steif und rauh Und die Luft ist geil und sirrend, und die Hitze dehnt sich fett Uberm Boden, tragt die Rufe eines Madchen, das kokett Einen ihrer kleinen Knaben scharf zurechtweist, doch sehr nett Ihm gleich spater zu versteh'n gibt, was sie doch recht gerne hatt' Und vielleicht steigt dieser Sommer wie kein anderer ins Hirn Denn die Lauscher hinterm Baume trocknen sich die schweiße Stirn Wahrenddessen sich zwei Kinder hinter einem Strauch verirr'n Und sich gegenseitig mit ihrem Geschlechtelein verwirr'n Und es dammert, manche Kinder spielen wieder mit dem Ball Manche Madchen pflucken Blumen, binden Strauße, rund und prall Und man hort an manchen Tagen hinter Baumen einen Knall ? Und da kam ein Lauscher wieder von zu schnellem Tun zu Fall Und die Kinder bilden Kreise, und die Lauscher konnen seh'n Wie auf eine stille Weise Kindertraumerein entsteh'n Und die Lauscher traumen mit und beginnen sich zu dreh'n Und nach einer kurzen Drehung fuhln sie, dass sie nicht besteh'n Abends, wenn die braven Kinder heimgeh'n zu Mama Stehen viele alte Manner hinter ihren Baumen da Augen zu, den Mund geoffnet, ihre Hande sind ganz nah An dem Ding, mit dem vielleicht vor zwanzig Jahren noch was geschah Viele alte Manner stehen, tragen unterm Arm ein Bild Das zwar lebt, aber leider fur sie alle nicht mehr gilt Und sie bleiben lange Zeit noch, stumm von einer Angst gedrillt Die sie wiederkommen lasst, weil ihre Sehnsucht niemand stillt |